René Zey liest aus seinem Romanfragment ›Der Junge mit dem Radio‹. Beginnend mit einer 1953 gekauften Radiotruhe der Firma Blaupunkt erzählt er die Geschichte seiner Kindheit und Jugend über die Musik, die er gehört hat, und die Geräte, die dazu benutzt wurden.

»Die Blaupunkt-Kombi-Truhe Arkona, die wie ein riesiger hölzerner Sarg an der Wohnzimmerwand stand, war schierer Luxus. Willy hatte sie 1953 in einem Geschäft am Essener Hauptbahnhof für 1600 DM gekauft. Die Raten dafür zahlte er mehr als drei Jahre lang ab. Hinter den schwergängigen Schiebetüren war links der Fernseher eingebaut und rechts das Phonofach mit Radio und dem Drei-Touren-Zehner-Plattenspieler Rex A von Perpetuum Ebner. Unten befand sich die Lautsprecherleiste. Sie ging über die volle Breite der Truhe und war hinter einer beigefarbenen Stoffbespannung versteckt.
Als ich meine Finger in die Messingmulde der Mahagonitür gleiten ließ und sie vorsichtig nach links schob, kroch ein fremdartiger, strenger Geruch in meine Nase. Dass er von den Röhren und Kondensatoren herrührte, die hinter der Verkleidung des Plattenspielers eingebaut waren, konnte ich mit meinen sieben Jahren nicht wissen. So riecht Strom, dachte ich naiv, … «

Fotos: Christian Gnass, khm